Heimwärts…

Reichenberg-Sudetenland

Infolge des Münchner-Abkommen vom 29. September 1938 wurden die deutschsprachigen Gebiete (das Sudetenland) vom Deutschen Reich annektiert Vom 1. Oktober bis zum 10. Oktober
1938 besetzten rund 24 Divisionen der Wehrmacht die an Deutschland und Österreich angrenzenden Gebiete der Tschechoslowakei. Die beabsichtigte Trennung von Deutschen und Tschechen scheiterte, denn die neuen Grenzen des Deutschen Reiches umfassten auch Siedlungsgebiete mit tschechischer Bevölkerungsmehrheit.

Unsere Ankunft in Reichenberg .

( Fortsetzung von Hamburg-Coadjuthen -Hamburg )

Am Bahnhof von Reichenberg bekamen wir eine Wohnung zugeteilt, die ohne Einrichtung war.

Am nächsten Tag ging unsere Mutter mit uns in ein

Einrichtungsgeschäft und kaufte das Nötigste.

Unser Aufenthalt war allerdings von kurzer Dauer. August1944-Februar 45.

Meine Mutter wollte nach Hamburg zurück. Das ging aber nur wenn man einen Wohnsitz nachweisen konnte. Ansonsten galt man als „Butenhamburger“ (musste auf einen  Wohnsitz warten).
Da Hamburg zerstört war konnte das Jahre dauern!
Erneut musste meine Mutter wieder betteln. Diesmal bei ihrer Mutter, die außerhalb von Hamburg ein Wochenendhaus besaß.
Meine Tante aus Belgern/Elbe war auch schon zu ihr geflüchtet. Wir durften auch kommen…!

In diesem kleinen Wochenendhaus lebten nun (statt 2 Personen) 4 Erwachsene und 6 Kinder.

Bevor wir  Reichenberg verließen zeigte unsere Mutter uns noch den Jeschken. Dieser Berg  war vom Stadtzentrum zu sehen. Könnte mir vorstellen, das es das Wahrzeichen dieser Stadt war und ist.

Es wurde eine große Wanderung bis wir den Gipfel erreichten.
Ein kurzer Besuch meines Vaters, der jetzt in Italien stationiert war, fand auch noch statt.
6 Monate besuchten wir in Reichenberg die Schule.
Eines Tages ging es los „Heimwärts“ ! Reichenberg-Bad Schandau-Torgau/Elbe-Hamburg.
In Torgau erlebten wir nochmals einen Fliegerangriff.
Angekommen in Hamburg, meiner Heimatstadt…! Wir waren trotz aller Wohnraumenge überglücklich.

Wie schon bekannt hatten wir nur unsere Rucksäcke. Auf das andere Gepäck mußten wir monatelang warten.

Für uns Kinder war die Zeit bei der Großmutter sehr schön…es gab den Garten, mit Blumen Obst und Gemüse.

Auch hier gab es noch hin und wieder Fliegerangriffe, die wir im Garten , in einem kleinen Erdbunker erlebten.

Der Aufenthalt bei der Großmutter dauerte wohl noch 2 Jahre, bis wir eine Wehrmachtsbaracke zugeteilt bekamen.

Tante Edidt-Walter-Mama-und Großmutter

Prosit Neujahr Hamburg!!!!

Ein neues ZUHAUSE begann…mühsam, aber Mama machte es recht bald gemütlich!

Die Menschen ließen sich ebenso wenig entmutigen wie die Natur. „Die unverzagte Stadt“, so hat der Schriftsteller Otto Erich Kiesel Hamburg genannt. Noch nach jeder Verheerung ist es wieder auferstanden, wie Hans Leip – der Dichter der Lili Marleen – es 1943 in seinem Lied im Schutt beschworen hat: „Und als ich über die Ferne kam, / Schutt, nichts als Schutt,
als ich über die tote Ferne kam, / da sah ich die tote Stadt von fern / und sah sie aufleuchten wie einen Stern / und sah ihre Not und Trübsal vergehn / und sah die Erschlagene auferstehn, / schöner, als ich sie je gesehn.“

Foto Peter Lührs

„Nur wer um das Gestern weiß, ist in der Lage, Lehren aus diesem schrecklichen Krieg zu ziehen und sich dafür einzusetzen, dass sich solche Ereignisse,  nicht wiederholen.“

Stadtteilarchiv Hamburg- Hamm

Dies war meine Geschichte “ Eine Mutter mit vier kleinen Mädchen.

Für diese Kinder…und ihren Kindern…und dessen Kinder…und ?

Aufgeschrieben für die jungen Familienmitglieder meiner Familie.

Weihnachten 2009

Es grüßt Euch alle herzlich

Creava

Mein Schwesterchen Alli schrieb am 8.Februar 2010

Liebes Schwesterchen,

herzlichen Dank für Deinen lieben Brief. Das Du diese Seiten auch in einem Buch zusammengefasst hast, finde ich super…(Carlo war wohl Dein Techniker).

Ich hoffe, dass Deine Kinder und Enkelkinder einmal in diesen Büchern lesen werden.

Mit lieben Grüßen Dein Schwesterchen Ulli

Unsere Geschichte ist jetzt auch eingetragen im „Kollektiven Gedächtnis“.

Berlin.

http://www.dhm.de/lemo/zeitzeugen/ursula-baesse-von-hamburg-nach-coadjuthen-in-ostpreussen-1943.html

http://www.dhm.de/lemo/zeitzeugen/ursula-baesse-von-coadjuthen-nach-hamburg-1944.html

 

Maritta Schluchter

Liebe Ulli,

ich hatte Dir gerade einen ganz laaaangen Brief geschrieben und nun ist er futsch! Auf ein NeueS:

Deine beiden Geschichten sind Du mitreißend und spannend! Ich habe sie verschlungen! vielen Dank!

Ein ganz kleines Bißchen erinnern mich Deine Erlebnisse an das Buch „Jauche und Levkojen“ , da gab es auch einen strengen vater in Ostpreußen… kennst Du das Buch?

Meine Schwiegermutter ging es ähnlich wie Dir. Sie war auch eines von 4 Kindern und ihre Mutter floh mit den Kindern 1944 aus Breslau – lediglich mit einem Kinderwagen, in dem ihre Habseligkeiten und die Windeln des Jüngsten waren. Dieser Kinderwagen blieb dann auf dem Bahnsteig zurück als der Zug anfuhr.

Wir glücklichen Später-Geborenen können uns nicht annähernd vorstellen, was die Menschen damals durchgestanden haben!!!

ganz ganz liebe Grüße
Maritta

creava

Ja, liebe Maritta,

ich kenne das Buch “ Jauche und Levkojen“. Es gab auch eine TV-Film, der nach diesem Buch gedreht wurde.
Ich habe diesen Film 2 X gesehen!!

Es ist gut für mich zu wissen, dass die “ Jüngeren “ ein Interesse an der Geschichte haben.

Ich denke, das diese Mütter aus der Kriegs- Vergangenheit ein gutes Beispiel für die heutige Jugend sein können.
Diese Mütter haben es verdient von uns nicht vergessen zu werden.

Liebe Grüße
Creava

6 Gedanken zu “Heimwärts…”

  1. Ich kann ALLEM nur beipflichten!!!!!!! Sehr gut geschrieben.

    Nur ………….die Mangelwirtschaft , die wir erlebt haben (ewig Hunger) täten manchem der vielen jüngeren Generationen gut , um lernen , wie gut ein trockenes Brot schmecken kann .
    Gruß Kuddel

  2. „Besonders gefreut habe ich mich über die vielen Fotos und den Schlussappell !“

    das freut mich sehr….! Wa-Pa-Ni

    Danke für Deine, für mich wertvollen Kommentare !

    Deine Wa-Pa-Ta….
    auch kleiner“ DÜWEL“ genannt 🙂

  3. Liebe Ulli,
    hier der 2. Kommentar:
    Besonders gefreut habe ich mich über die vielen Fotos und den
    Schlussappell !
    Schließlich darf man nicht vergessen, wer dies Leid verursacht hat.Ich erinnere an die Rede vom 8.Mai 1985 vom damaligen
    Bundspräsidenten Weizsäcker. Das Kriegsende, zuerst von vielen in den Ruinen als „Zusammenbruch“ empfunden, wurde
    doch zu einer „Befreiung“ von der NS- Diktatur.
    Die Geborgenheit der Familie,gute Nachbarschaft, all diese positiven Werte konnten zum Glück bei uns auch in der Nachkriegszeit nicht zerstört werden.Dies gilt es zu bewahren!
    Kuschelige Weihnachten!
    xxx
    B.

  4. Liebe Grethe,

    ich hoffe mit Dir, dass es Deinen Kindern und Enkekindern erspart bleibt diese Kriegs- Erfahrung zu machen.

    Obwohl es aus dieser Zeit auch sehr viel Gutes zu lernen gab!
    Der Zusammenhalt in der Familie, zwischen Mutter und Kinder war sehr stark…

    Mit lieben Grüßen
    Ulli

  5. Liebe Ulli, nun habe ich mir vor den Festtagen doch noch die Zeit genommen und mir Deine Geschichten über Eure Flucht aus Hamburg durchgelesen. Du hast in ihnen Deine Kriegserlebnisse sehr anschaulich wiedergegeben.

    Ich selber gehöre ja auch zur Generation, die die „Gnade der späten Geburt“ hatte. Durch die vielen Erzählungen meiner Eltern und das Aufschreiben der Lebensgeschichte meiner Mutter, sind mir aber die Schrecken dieser Zeit dennoch sehr bewußt. Hoffen wir, dass die Menschen daraus gelernt haben und so etwas nie wieder passiert.

    Weiterhin viel Freude beim Ausgestalten Deines schönen Blogs wünscht Dir mit lieben Grüßen
    Grethe

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